Frankfurt am Main, 14.07.2021
Die Corona-Pandemie hat die gesamte Gesellschaft vor größte Herausforderungen gestellt, ihre Folgen für Beruf, Schule und Privatleben sind überall zu spüren. Der Abbruch von Beziehungen jedoch – der der Not geschuldete und berechtigte Rückzug ins Private – trifft die Gesellschaft ins Herz. Denn er greift den Kitt an, aus dem sie besteht: Die sozialen Kontakte untereinander. Das Fehlen menschlicher Nähe im realen Leben trifft junge Menschen besonders hart – und noch einmal mehr diejenigen, deren Lebensumstände von Flucht und Migration geprägt sind. Was muss geschehen, damit aus diesem zeitweiligen Abbruch von Beziehungen keine gravierenden gesellschaftlichen Folgen resultieren?
Jochen Kramer, Leiter des Referats „Migration und gesellschaftlicher Zusammenhalt“ des Internationalen Bundes (IB) gibt Antworten. Die Integration von jungen Menschen mit Migrationsbiographie - sprachlich, schulisch, beruflich, gesellschaftlich – zu befördern, ist eine IB-Aufgabe seit Gründung 1949: „Doch die Migration in den Jahren 2015 - 2017 und nun die COVID-19-Pandemie haben diese Aufgabe stark gewandelt und sehr viel komplexer gemacht“, so Kramer. „Das betrifft nicht nur das Erlernen der Sprache oder die Arbeitssuche. Mindestens ebenso wichtig ist das Ankommen und Verwurzeln in der neuen Kultur – und das geht nun einmal nicht ohne menschliche Nähe.“
Für die Zielgruppe der 12- bis 27-Jährigen, die der IB im Themenfeld Migration mit seinen Angeboten anspricht, allen voran mit dem Bundesprogramm der „Jugendmigrationsdienste“, war die Pandemie daher verheerend. Alle sozialen Kontakte, die über Begegnungsstätten, informelle Treffen auf der Straße oder individuelle Gespräche in der Beratung stattgefunden hätten, seien aufgrund der Pandemie-Beschränkungen weggebrochen, und die oft noch zarten Bande der Kontaktaufnahme eingerissen. „Es ist ja nicht so, dass wir nach der Pandemie genau dort wieder anfangen, wo wir vor der Pandemie standen. Die Menschen haben sich verändert, ja, die ganze Gesellschaft hat sich verändert“, sagt Kramer. Studien lassen befürchten, dass Ressentiments in der Gesellschaft gegenüber bestimmten Gruppen von Menschen zugenommen haben. Um das zunehmende Auseinanderdriften der Gesellschaft aufzuhalten, mehr noch, die Gesellschaft wieder zusammenzuführen, seien jetzt starke Signale des Bundes nötig.
„Unsere Zielgruppe lebt vom sozialen Kontakt. Den zweistündigen Deutschkurs hab´ ich in 15 Minuten wieder vergessen, wenn ich die Sprache nicht durch Kontakte im richtigen Leben vertiefe. Ich muss raus, um das Leben in Deutschland kennenzulernen“, erläutert Jochen Kramer.
Das Corona-Jahr im Sinne der Integration wieder aufzuholen sei vielleicht utopisch, meint er. Doch habe die Pandemie deutlich gemacht, dass vor allem in zwei Bereichen ein sehr großer Bedarf bestünde: zum einen materiell in Form von fehlender Grundausstattung wie Laptops oder Internetverbindungen. „Gerade für unsere Zielgruppe, die in Gemeinschaftsunterkünften lebt, ist dies sehr relevant“, ergänzt Kramer. Zum anderen aber müssten jetzt intensiv alte Begegnungsräume wiederbelebt und neue eröffnet werden, um die menschlichen Verbindungen untereinander zu stärken und zu festigen.
Über den Internationalen Bund:
Der Internationale Bund (IB) ist mit mehr als 14.000 Mitarbeitenden einer der großen Dienstleister in der Jugend-, Sozial- und Bildungsarbeit in Deutschland. Er unterstützt Kinder, Jugendliche, Erwachsene und Senioren dabei, ein selbstverantwortetes Leben zu führen – unabhängig von ihrer Herkunft, Religion oder Weltanschauung. Sein Leitsatz „Menschsein stärken“ ist für die Mitarbeiter*innen Motivation und Orientierung.
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